Wirkungsweise der Botulinumtoxininjektion
Bei diesem Präparat handelt es sich um einen nervenaktiven Stoff (Neurotoxin), der in den Nervenfasern vorübergehend die Übertragung von Signalsubstanzen (Neurotransmittern) blockiert. Ursächlich ist eine starke Anbindung von Botulinumtoxin an die Nervenendigungen, wodurch sie keine Impulse mehr auf die Muskelfasern übertragen können und die Nervenleitung blockiert wird. Als Folge kann sich der Muskel nicht mehr bewegen und erschlafft. Zur Behandlung von Falten, die durch die starke muskuläre Spannung bedingt sind und vornehmlich im Gesicht, aber auch am Hals oder Dekollete auftreten, wird eine geringe Menge Botulinumtoxin in bzw. um den überaktiven Muskel herum eingespritzt. Es kommt zu einer Erschlaffung des Muskels und damit zu einem Ausgleichen der Falten. Der ästhetische Effekt setzt im Durchschnitt ca. nach 4 Tagen ein, hat seine komplette Wirkung nach ca. 10-14 Tagen erreicht und verliert sich nach 4-6 Monaten wieder. Es kann aber nicht immer garantiert werden, dass der ästhetische Effekt den subjektiven Vorstellungen des Patienten entspricht, da z.B. in machen Fällen die Dosis nicht ausreicht. Nichtsdestotrotzt soll bei der ersten Anwendung mit geringen Dosen angefangen werden, um einen extremen Effekt somit eine sehr starke Lähmung zu verhindern. Bei der folgenden Behandlung kann die Dosis angepasst werden.
Wie wird die Behandlung mit Botulinumtoxin durchgeführt?
Der Wirkstoff wird mit einer sehr feinen Nadel in den betreffenden Muskel eingespritzt. Hierbei kann es zu einem leichten Einstichschmerz und zu einem Spannungsschmerz kommen, der durch das Einbringen des Medikaments hervorgerufen wird. Die zu behandelnde Region wird im Normalfall nur mit Wasser und Seife gereinigt, da alkoholische Desinfektionsmittel die Wirkung des Medikaments herabsetzen können. Anschließend sind die Stiche kaum auffällig. Kleine Blutungen oder Umgebungsrötungen, wie sie bei jeder anderen örtlichen Injektion auch auftreten können, sind möglich. Gelegentlich können kleine blaue Flecken auftreten. Sie können die behandelten Regionen sofort kühlen und mit einem leichten Make-up abdecken. Sie sind anschließend in der Ausübung Ihrer normalen Tätigkeit nicht beeinträchtigt.
Alternativen der Faltenbehandlung mit Botulinumtoxin
Als Alternative zur Botulinumtoxin-Behandlung gibt es grundsätzlich noch die Möglichkeit des operativen Ausschaltens der die Falten verursachenden Muskulatur. Diese Maßnahme ist allerdings dauerhaft und kann bei ungenügendem ästhetischem Ergebnis nicht mehr rückgängig gemacht werden. Des Weitern bestehen bei ausgeprägter Faltenbildung die klassischen operativen Verfahren wie Face-Lifting oder midface-Lifting. Besprechen Sie die Einzelheiten diesbezüglich mit Ihrem behandelnden Plastischen Chirurgen.
Welche Komplikationen könnten auftreten?
Trotz aller Sorgfalt kann es u.U. zu lebensbedrohlichen Komplikationen kommen, die weitere Behandlungsmaßnahmen sogar Operationen erfordern. Die Häufigkeitsangaben sind eine allgemeine Einschätzung und sollen helfen, die Risiken untereinander zu gewichten. Diese sollten nicht wie die Informationen in den Beipackzetteln von Medikamenten betrachtet werden.
- Vorerkrankungen und individuelle Besonderheiten können die Häufigkelten von Komplikationen wesentlich beeinflussen.
- Einstich und Einspritzen des Wirkstoffs können bei dieser örtlichen Injektion leicht schmerzhaft sein.
- Verletzung benachbarter Nerven oder Blutgefäße durch die Injektionen; unter Umständen bilden sich kleine blaue Flecken unter der Haut, die jedoch keiner Behandlung bedürfen.
- Funktionsbeeinträchtigungen von Nerven (Missempfindungen, Gefühlsstörungen), die meistens nur vorübergehend sind und sich von selbst bessern. In Einzelfällen können diese jedoch dauerhafter Art sein.
- In seltenen Ausnahmefällen kann durch das Einspritzen des Wirkstoffs ein Gewebeschwund bei den betreffen den Muskeln auftreten.
- Infektionen an der Einstichstelle: Nach der Behandlung können sich in sehr seltenen Fällen Infektionen der Hautoberfläche, Eiterungen, Abszesse (evtl. auch ein Spritzenabszess) bilden, die in der Regel problemlos ausheilen.
- Verteilt sich die Substanz im Gewebe, kann es aufgrund der Muskelschwächung vorübergehend zum Hängen der Oberlider und Brauen kommen. Bei der Behandlung von Krähenfüßen kann eine Verteilung der Substanz im Augenbereich sogar vorübergehende Sehstörungen wie Doppelbilder hervorrufen.
- Botulinumtoxin-Präparate enthalten geringe Mengen an menschlichem Bluteiweiß. Das Risiko, sich durch die Verabreichung der Präparate zu infizieren (z.B. mit Hepatitis, AIDS) ist jedoch extrem gering. Tatsächlich sind bislang noch keine Fälle einer Infektion durch Botulinumtoxin bekannt.
- Bei Allergie oder Überempfindlichkeit (z.B. gegen Medikamente. Betäubungsmittel, Desinfektionsmittel, Latex) können vorübergehend Schwellung, Juckreiz, Niesen, Hautausschlag, Schwindel oder Erbrechen und ähnliche leichtere Reaktionen auftreten. Stärkere Reaktionen können zu einem akuten Kreislaufschock führen, der intensivmedizinische Maßnahmen erfordert. Sehr selten sind schwerwiegende, u.U. bleibende Schäden wie z.B. Organversagen, Hirnschädigung, Lähmungen.
- In der Umgebung der Injektionsstellen kann es vorübergehend zu trockener Haut kommen, die von selbst wieder verschwindet.
- Mit leichtem Unwohlsein, Müdigkeit, Glieder- und Kopfschmerzen, die in der Regel nach kurzer Zeit wieder verschwunden sind, muss gerechnet werden.
- Durch die Wirkstoffinjektion kann es ferner zu einer vorübergehenden Mund-, Schleimhaut- und Augentrockenheit kommen.
- Über Ihre speziellen Risiken und die damit verbundenen möglichen Komplikationen informiert Sie Ihr Arzt im Aufklärungsgespräch näher. Bitte fragen Sie dann nach allem, was Ihnen unklar und wichtig erscheint.
In folgenden Fällen muss von einer Behandlung mit Botulinumtoxin abgesehen werden:
- Schwangerschaft und Stillzeit
- Neuromuskuläre Erkrankungen (z.B. Myasthenia gravis, Eaton-Lambert-Syndrom);
- Blutgerinnungsstörung
- Lidheberschwäche
- Allergien gegenüber Botulinumtoxin oder Humanalbumin (Bluteiweiß)
Was muss ich noch wissen?
Botulinumtoxin wird seit Jahrzehnten mit großer Erfahrung bei einer Vielzahl von Erkrankungenerfolgreich eingesetzt. Unter diesen Krankheitsbilder zählen z.B. Augenzittern, Augenlidkrampf, Schielen, .Schluckkrampf“, .Stimmkrampf“, Schiefhals, Migräne, Muskel- bzw. Gefäßkrämpfe, übermäßige Schweißsekretion und Analfissur. Aktuell ist Botulinumtoxin offiziell nur für die Therapie solcher neurologischer Erkrankungen zugelassen. Dies verbietet jedoch nicht die ärztliche Anwendung außerhalb des Zulassungsbereichs (sog. Off-Label-Use) zur Faltenbehandlung. Entscheidend ist, dass Sie sich nach entsprechender Aufklärung zu dieser Behandlung entschließen.
Eine Falte kann neben dem sichtbaren Ausdruck eines abnorm starken Muskels immer auch eine Bruchlinie (Narbe in der Haut) darstellen. Daher kann auch nach erfolgreicher Anwendung des Botulinumtoxins ein sichtbarer Strich im Hautniveau als Ausdruck dieser Hautnarbe verbleiben. Es bestehen als Alternativen auch weiterführende Möglichkeiten einer Narbenangleichung wie z.B. durch die Unterspritzung der Falten oder mancher Narben.
Kostenübernahme
Die Krankenkassen übernehmen in der Regel die Kosten dieser Behandlung und der eventuellen, behandlungsbedürftigen Komplikationen nicht. Daher sollten diese Fragen mit der Krankenkasse und dem Arzt bereits im Vorfeld geklärt werden. Ferner sollte der Abschluss einer Folgekostenversicherung in Betracht gezogen werden.
FA Dr. med. Görkem ATALAY Klinik für die Plastische und Ästhetische Chirurgie Evangelisches Krankenhaus Göttingen-Weende Akademisches Lehrkrankenhaus der Universitätsmedizin Göttingen An der Lutter 24 37077 Göttingen