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Strecksehnenverletzungen an der Hand

Wie bei allen Verletzungen ist die Anamnese auch bei Verletzungen der Hand für den Chirurgen sehr wichtig. Die Art der Verletzung sowie der Verletzungsmechanismus sind  entscheidend für die Planung der chirurgischen Versorgung.

Eine Art von Verletzung sind Sägenverletzungen. Sie gehen oft mit Knochen- und Gelenkdefekten einher. In diesen Fällen muss der Chirurg mit einer schwierigen Versorgung evtl. mit Knochen- oder Gewebetransplantationen rechnen. Wie wichtig die Anamnese ist, kann weiterhin an einem Beispiel der Menschenbissverletzung dargestellt werden. Bei einer Wunde im Bereich des Grundgelenkes der Langfinger, die bei einer Auseinandersetzung enstanden ist, besteht immer der Verdacht auf Menschenbiss im Sinne einer Boxhiebverletzung. Das ist eine typische Schlagverletzung gegen die Schneidezähne des Gegners im Rahmen einer Schlägerei. Aufgrund der damit verbundenen Gelenkinfektionsgefahr ist in solchen Fällen eine antibiotische Therapie indiziert.

Diagnostik

Die Diagnose ergibt sich aus den folgenden Untersuchungen:

  • Inspektion: Lokalisation der Wunde und Fehlstellung des Fingers
  • Prüfung der Motorik
  • Diagnostische Revision: Aufgrund der anatomischen Gegebenheiten sind die Strecksehnenläsionen, vor allem die Teilläsionen, nicht so eindeutig zu verifizieren wie die Beugesehnen-Verletzungen. In Zweifelsfällen ist daher eine Revision zur Entscheidung der weiteren Vorgehensweise zu empfehlen.

Unter den Verletzungsarten überwiegen die offenen Strecksehnenverletzungen im Vergleich zu den traumatischen Rupturen, welche selten vorkommen und meistens mit einem knöchernen Abriss einhergehen.

Traumatische Rupturen an End- und Mittelgelenken sind eher selten und müssen von degenerativen Rupturen wie bei der Rheumatoiden Arthritis oder bei Sehnendegenerationen (Hammerfinger) abgesetzt werden. Es sollen eindeutige Verletzungszeichen wie Hämatome, eine Schwellung und/oder eine Abschürfung vorliegen. Unter Umständen kann der Grund der Verletzung auch versicherungsrechtliche Konsequenzen haben.

Anatomie der Strecksehnen

Die sogenannten extrinsischen Strecksehnen haben ihren Ursprung am Unterarm und ziehen zur Hand.
Es handelt sich um die Sehnen der neun Muskeln:

  1. Musculus abductor pollicis longus (APL): Langer Daumenabspreizmuskel
  2. Musculus extensor pollicis brevis (EPB): Kurzer Daumenstrecker
  3. Musculus extensor pollicis longus (EPL): Langer Daumenstrecker
  4. Musculus extensor carpi radialis longus (ECRL): Langer radialer (speichenseitiger) Handstrecker
  5. Musculus extensor carpi radialis brevis (ECRB): Kurzer radialer (speichenseitiger) Handstrecker
  6. Musculus extensor digitorum 2-4 (ED): Fingerstrecker 2 bis 4
  7. Musculus extensor indicis proprius (EIP): Zeigefingerstrecker
  8. Musculus extensor digiti minimi (EDM): Kleinfingerstrecker
  9. Musculus extensor carpi ulnaris (ECU): Ellenseitiger Handstrecker

Die Sehnen der Streckermuskeln verlaufen in von 6 Septen gebildeten osteofibrösen Kanälen, die Strecksehnenfach genannt werden. Diese 6 Strecksehnenfächer und das Retinakululm extensorum, welches das Handgelenk und die Handwurzel von dorsal wie ein Armband umgreift, verhindern das Abgleiten der Sehnen seitwärts und das Abheben nach dorsal (Bogensehneneffekt).

1.  Strecksehnenfach: Die Sehnen des Musculus abductor pollicis longus (APL) und Musculus extensor pollicis brevis (EPB) bilden den palmaren Rand der Tabatiere. CAVE: Dieses Fach hat eine enge Lagebeziehung zum Radialisast!

2.  Strecksehnenfach: Die Sehnen des Musculus extensor carpi radialis longus (ECRL) und Musculus extensor carpi radialis brevis (ECRB) werden an der Radiuskante von der Sehne des Musculus extensor pollicis longus (EPL) gekreuzt.

3.  Strecksehnenfach wird von der Sehne des Musculus extensor pollicis longus (EPL) gebildet. Läuft bogenförmig um das Tuberculum radii (Lister) und bildet den dorsalen Rand der Tabatiere.

4.  Strecksehnenfach beinhaltet die Sehne des Musculus extensor indicis proprius (EIP) und Musculus extensor digitorum 2-4 (ED) und liegt zwischen Tuberculum radii und Ellenköpfchen.

5.  Strecksehnenfach wird von der Sehne des Musculus extensor digiti minimi (EDM) gebildet und liegt radial (speichenseitig) vom Caput ulnae. Diese Sehne läuft meistens gedoppelt.

6.  Strecksehnenfach beinhaltet die Sehne des Musculus extensor carpi ulnaris (ECU) und liegt über dem Caput ulnae. Der ellenseitige Handstrecker spannt bei Ulnarabduktion gegen Wiederstand und ist dabei distal vom Caput ulnae gut tastbar.

Das intrinsisches Strecksehnensystem wird durch die Handbinnenmuskeln der Finger: Mm interossei und Mm lumbricales gebildet. Zusammen mit der Fortsetzung der extrinsischen Sehnen bilden sie den komplexen Streckapparat am Finger.


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