Das revolutionäre Gen-Editierungssystem CRISPR/Cas9 wurde am 28. Oktober 2016 zum ersten Mal bei einem menschlichen Patienten im West China Hospital angewandt.
Der Onkologe Lu You und seine Forschungsgruppe von der Sichuan Universität in Chengdu -China- modifizierte Immunzellen aus dem Blut eines Patienten mit aggressivem nicht-kleinzelligen Lungenkrebs. Anschließend konnten diese durch die CRISPR/Cas9 Gen-Schere veränderten Zellen vermehrt und dem Patienten wieder injiziert werden. Diese Behandlung bezweckt die Täuschung der Krebszellen. Durch die Entfernung des Gens für das Protein PD-1 (Programmed cell death protein 1) werden in diesem konkreten Fall die Immunzellen (T-Zellen) für die Tumorbekämpfung genetisch umprogrammiert. Von den T-Zellen produzierte Protein PD-1 wird von Tumorzellen genutzt, um die Immunreaktion des Organismus umzugehen.
Die genetisch optimierten Zellen sollen so wieder effektiv gegen den Tumor vorgehen können. Dieses Prinzip ähnelt den modernen Immuntherapien gegen Krebs, bei denen Antikörper gegen PD-1 zum Einsatz kommen.
Die Behandlung verlief bislang ohne Komplikationen und der Patient soll eine weitere Injektion erhalten. Beim nächsten Schritt der Studie werden insgesamt zehn Patienten bis zu vier Injektionen erhalten und sollen über ein halbes Jahr beobachtet werden. Nach dieser ersten Beobachtungsphase von 6 Monaten soll schon klar werden, ob die Patienten von der Therapie profitieren und ob schwere Nebenwirkungen auftreten.
Ein sinnvoller Wettkampf um Crispr/Cas9 zwischen den Weltmachten
Die chinesischen Forscher sind somit einem US-amerikanischen Forschungsteam ein Schritt voraus, welches erst Anfang 2017 die ersten Anwendungen mit CRISPR-veränderten Zellen durchführte. Hierbei sollen drei verschiedene Gene verändert worden sein, um unterschiedliche Krebsarten zu behandeln. Auch Forscher in Peking haben Anträge für Studien zu CRISPR/Cas9 bei Blasen-, Prostata- und Nierenzellkarzinomen gestellt, allerdings wurden diese kurz vor Ende 2019 noch nicht genehmigt.
In der Fachzeitschrift Nature spricht der Immuntherapie-Spezialist Dr. Carl June von der University of Pennsylvania vom Beginn eines biomedizinischen Wettlaufs. Diesen wissenschaftlichen Wettbewerb zwischen China und den USA sieht Dr. June positiv, da dieser zu einer schnelleren und besseren Produktentwicklung führen werde.
Bevor die revolutionäre Gen-Schere in 2016 am Menschen angewandt wurde, hat sich CRISPR/Cas9 in den vergangenen Jahren zum führenden Verfahren für das „Genom-Editing“ entwickelt. Dabei bindet ein RNA-Molekül, kombiniert mit einem Enzym, welches an einem bestimmten Abschnitt den DNA-Doppelstrang spaltet. Der entstandene Defekt kann von zelleigenen Enzymen repariert oder an dieser Stelle ein modifizierter Strang implementiert werden. Dabei besteht auch die Möglichkeit die Gensequenzen einfach abzuschalten.
Quellen:
Nature 539, 479 () doi:10.1038/nature.2016.20988