
Die Gynäkomastie bezeichnet eine gutartige Vergrößerung der männlichen Brustdrüse, die insbesondere bei jungen Patienten nach Abschluss der Pubertät auftreten kann.
In der postpubärteren Altersgruppe tritt die Gynäkomastie mit einer Häufigkeit von bis zu 35% auf (Braunstein 1993). Die physiologische Gynäkomastie kann nach der Geburt auftreten und verschwindet dann in der Regel spontan. Ein weiterer Inzidenzanstieg ist im höheren Alter (über 65 Jahre) zu beobachten. Bei den altersbedingten Fällen liegt ein Rückgang der Testosteronproduktion mit einer Veränderung des Östrogen-/Testosteronverhältnisses zugunsten des Östrogens zugrunde.
Histologische Formen der Gynäkomastie
- Fettgewebshypertrophie (Pseudogynäkomastie): alleinige Vermehrung des Fettgewebes
- Hypertrophie des Drüsengewebes (»echte« Gynäkomastie, Gynaecosmatia vera),
- Kombination aus Fett- und Drüsenvermehrung im Brustgewebe.
Die überwiegende Form der Gynäkomastie ist die Kombination aus Fett- und Drüsengewebsüberschuss. Die Brustvergrößerung kann einseitig oder beidseitig vorhanden sein.
Idiopathische Typ, bei der kein auslösender Faktor bestimmt werden kann, tritt meistens während bzw. nach Abschluss der Pubertät auf, Häufig verschwindet diese Form der Gynäkomastie wieder spontan, ohne dass eine medizinische oder chirurgische Therapie angewendet werden muss.
Ursachen der Gynäkomastie
Neben der häufigsten idiopathischen Form der Gynäkomastie gibt es zahlreiche begunstigende Faktoren sowie Erkrankungen, welche zur Vergrößerung des männlichen Brustdrüsenvolumens führen können.
- Idiopathisch – häufigste Form mit ungeklärter Ursache
- Kongenital – genetisch bedingte Ursachen
- Alter – in erster Linie wegen Rückgang der Testosteronproduktion
- Medikamente:
- -anabole Steroide,
- – Östrogene,
- – Antibiotika,
- – Protonenpumpenhemmer,
- – Digitoxin,
- – Antidepressiva,
- – Barbiturate,
- – Finasterid
- Entartungen des Gewebes::
- – Hodentumor (Sertoli-Leydig-Zelltumor)
- – Nebennierentumor
- – Paraneoplastische Syndrome
- Endokrinologische Krankheiten:
- – sekundärer Hypogonadismus,Klinefelter Syndrom,
- – Cushing-Syndrom,
- – kongenitale adrenale Hyperplasie,
- – Hypothyreoidismus,
- – Hyperthyreoidismus
- Metabolische Ursachen
- – chronische Niereninsuffizienz,
- – Dialyse
- – Lebererkrankungen,
- – Mangelernährung
- Drogen
- – Alkohol
- – Heroin
- – Marihuana
- – Amphetamine
Stadieneinteilung der Gynäkomastie nach Simon et al. (1973)
- Grad-I Gering sichtbare Brustvergrößerung ohne Hautüberschuss
- Grad-IIa Moderate Brustvergrößerung ohne Hautüberschuss
- Grad-IIb Moderate Brustvergrößerung mit wenig Hautüberschuss
- Grad-III Weiblich geformte Brust mit Submammärfalte, Ptosis und deutlichem Hautüberschuss
Ziel der plastisch-chirurgischen Therapie ist die Wiederherstellung des männlichen Erscheinungsbildes ohne auffällige Narbenbildung.
Durch die Feminisierung der männlichen Brustform kann es bei den Betroffenen zu einem starken Leidensdruck mit sozialem Rückzug und psychischen Problemen kommen. Auch die Kanzerophobie kann gerade bei einseitigen Befunden zu einer starken Verunsicherung der Patienten führen (Leclère et al. 2008).
In großen epidemiologischen Studien konnte nachgewiesen werden, dass es keinen Zusammenhang zwischen der Gynäkomastie und dem Auftreten eines Mammakarzinoms beim Mann gibt (Fentiman et al. 2006). Die einzige Ausnahme stellt hierbei das Klinefelter-Syndrom dar, diese Patienten besitzen ein bis zu 16-fach erhöhtes Risiko, an Brustkrebs zu erkranken. Dennoch sollte jedes im Rahmen eines chirurgischen Eingriffs entfernte Gewebe stets histopathologisch untersucht werden, da Zufallsbefunde von malignen und semimalignen Tumoren nach Gynäkomastieoperationen in der Literatur beschrieben sind (Handschin et al. 2008; Staerkle et al. 2006).
Die präoperative klinische Untersuchung umfasst eine ausführliche Anamnese
Bei der klinischen Untersuchung sollen insbesondere folgende Befunde erhoben werden:
- Dauer der Beschwerden.
- Einseitiger oder beidseitiger Befund.
- Größe, Konsistenz, Symmetrie.
- Vorhandensein von Brustknötchen und Lymphknoten.
- Größe, Form und Sensibilität der Brustwarzen.
- Mastodynie?
- Galaktorrhö?
Insbesondere die Dauer der Beschwerden ist von Bedeutung, da nach längerer Zeit der vergrößerte Brustdrüsenkörper fibrosiert und dann keine spontane Rückbildung mehr zu erwarten ist. Die weiteren Abklärungen umfassen eine endokrinologischhormonelle Untersuchung sowie eine radiologische Abklärung mittels Ultraschall. Bei einseitigem Befund wird zusätzlich eine Mammographie empfohlen (Leclère et al. 2008). Bei unklaren Befunden kann auch eine Feinnadelpunktion zur weiteren Diagnostik durchgeführt werden.
Chirurgische Therapie der Gynäkomastie
Erste Beschreibungen einer chirurgischen Therapie der Gynäkomastie gehen auf Paulus Aegineta (625–690 n. Chr.) im heutigen Italien zurück, der eine Brustreduktion bei einem Mann über einen halbmondförmigen Schnitt durchführte.
Eine Vielzahl von Operationstechniken zur Wiederherstellung der männlichen Brustform ist in der Literatur beschrieben. Die Techniken unterscheiden sich dabei v.a. in der Schnittführung und der daraus resultierenden Narbenlänge. Vom kosmetischen Standpunkt aus sollten mit der unauffälligsten Narbe die Ziele erreicht werden
Die Indikation für eine chirurgische Therapie ist gegeben, wenn eine schmerzhafte Gynäkomastie besteht oder eine vorangegangene medikamentöse Therapie erfolglos blieb. Bei der Planung der chirurgischen Therapie ist zu berücksichtigen, dass das hypertrophierte Drüsengewebe nach ca. 18–24 Monaten fibrosiert. Hiernach ist eine Rückbildung nicht mehr zu erwarten und eine Wiederherstellung der männlichen Brust ist nur durch eine operative Therapie möglich.
Als Standardverfahren zur operativen Behandlung der Gynäkomastie gilt die subkutane Mastektomie, die mit oder ohne angleichende Liposuktion durchgeführt werden kann.
Bei der subkutanen Mastektomie wird das überschüssige Drüsengewebe durch einen kleinen Zugang (periareoläre, semilunäre Inzision nach Webster) am Rande der Warzenhofes entfernt, ohne Straffung der Haut. Bei ausgeprägtem Hautüberschuss kommen Kombinationstechniken, z.T. mit periareolären Straffungen und Mammareduktionsplastiken zur Anwendung.
Die Fettabsaugung – Liposuktion – findet zunehmende Anwendung in der chirurgischen Behandlung der Gynäkomastie. Insbesondere bei der Pseudogynäkomastie
und bei Formen mit überwiegend Fett-/Drüsenüberschuss ohne Notwendigkeit der Hautentfernung sind gute Ergebnisse zu erzielen.
Jeder Patient erhält ein Kompressionsmieder, das für 6 – 8 Wochen postoperativ zu tragen ist (Leclère et al. 2008). Die Hauptkomplikationen Hämatom- und Serombildung können durch die konsequente Kompressionstherapie vermieden werden.
Komplikationen der operativen Therapie
Häufige Komplikationen (ca. 7 %) sind Nachblutungen, Hämatome und Serombildung (Handschin et al. 2008). Die konsequente Kompressionstherapie über einen Zeitraum von 6–8 Wochen reduziert diese Rate erheblich. Selten können Wundheilungsstörungen, Epidermolysen (Ablösung der oberflächlichen Hautschicht), Hautnekrosen, Asymmetrien und Sensibilitätsverlust der Mamillen.
Literatur: