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Denervierung nach Wilhelm

1_ Denervierung nach Wilhelm am Handgelenk

Die ersten Untersuchungen zur Innervation des Handgelenkes veröffentlichte Rüdinger 1857.  Im Jahr 1958 konnte Wilhelm nach Studien an 5 Händen eine  Vervollständigung und Präzisierung der Innervationsgebiete der einzelnen Nerven vornehmen. Schon in seinen ersten Untersuchungen wies er darauf hin, daß die Variationen in der Versorgung bestimmter Kapselbezirke aufgrund von Nervenplexusbildungen möglich seien. Auch die Schmerzübermittlung durch Nervenfasern, die mit endostalen Gefäßen an das Gelenk heranzogen, waren für ihn für die Schmerzvermittlung mitverantwortlich. Aus diesen Gründen favorisierte Wilhelm bei einigen Denervierungspunkten (z.B. bei Punkt 4 unten) die „blinde“ Denervierung (durch stumpfes Unterminieren des Haut-Subcutis-Mantels ohne chirurgische Darstellung des Nerven).

Wilhelm beobachtete bei Patienten mit hochgradigem Knorpelaufbrauch und freiliegender subchondraler Knochenzone häufig eine mangelnde Schmerzausschaltung und äußerte an dieser Stelle die Vermutung einer enchondralen Schmerzleitung. Vogl beschrieb dies schon 1949, nachdem er eine Schmerzreduktion nach Exkochleation (Substancia spongiosa Entfernung aus gelenknahen Knochen ohne Gelenkeröffnung) bei seinen Patienten beobachten konnte.

1958 wurde in der Habilitationsarbeit von Wilhelm zum ersten Mal die Methode der Handgelenksdenervierung als eine Möglichkeit der Behandlung chronischer Handgelenksschmerzen beschrieben. Veröffentlichungen der ersten Ergebnisse erschienen 1966. Seit über 30 Jahren ist diese Methode bekannt und wird praktiziert. Obwohl die Handgelenksdenervierung im Allgemeinen gute Ergebnisse aufweist, konnte sie sich nicht überall durchsetzen.

Die nervale Versorgung des Handgelenkes erfolgt durch die Äste des N. radialis, N. ulnaris und N. medianus bzw. direkt aus dem Plexus brachialis. An dieser Stelle soll nur darauf hingewiesen werden, daß es sich um ein Geflecht aus Nervenfasern handelt, über deren endgültigen Verlauf und Versorgungsqualitäten immer noch Raum zur Diskussion besteht. Die Aufzweigungen der gelenkversorgenden Nervenäste variieren in Abgangshöhe, Ursprungswinkel und Nervenstärke.

 

Abb. Scnittführungen bei der Denervierung nach Wilhelm 

 

Gelenkversorgende Nerven mit ihren Aufzweigungen:

Äste des Nervus radialis –

Punkt 1 – N. interosseus posterior: Dorsomedianer querer Hautschnitt, 3 cm proximal von der Handwurzel, Durchtrennung der Fascie, Präperation und Neurotomie des Nerven

Punkt 2 – R. articularis spatii interossei I: Ein 2 cm langer Hautschnitt über dem 1. Intermetakarpalgelenk in Längsrichtung, Fascie bleibt intakt, N. digitalis dorsalis communis 1 liegt ulnar dieser Vene, von diesem oder einem seiner Hauptäste zweigt in Höhe der Sehne des M. extensor pollucis longus der R. articularis spatii interosseii l (sehr fein) ab, Durchtrennung der Rr. perforantes n. ulnaris durch Incision der Fascie, A. radialis isolieren und Füllgewebe bis Basen der Metacarpale 1 und 2 durchtrennen (Elektrokauter)

Für die Punkte 3 bis 5 wird ein 4 cm langer bogenförmiger Hautschnitt auf der Ventralseite des distalen Radialisendes angelegt.

Punkt 3 – Rr. articulares n. cutaneus antebrachii lateralis: (N. cutaneus antebrachii posterior kann direkt aus dem Plexus brachialis entspringen)  Die Fascie duchtrennen, A. radialis isolieren, dorsales und beidseitiges Füllgewebe samt Venen ligieren und durchtrennen.

Punkt 4 – R. superficialis n. radialis:  Im Bereich des dorsalen, radialen und volaren Radius wird ein Haut-Subcutis-Mantel epifascial abgelöst, besonders im Bereich der Tabatière

Äste des Nervus medianus –

Punkt 5 – R. palmaris n. mediani: Der Hautschnitt zwischen der A. radialis und der Sehne des M. flexor carpi radialis wird in Höhe der distalen Handgelenksbeugefalte bis zum radialen Rand der Palmaris-longus-Sehne verlängert, Durchtrennung des Weichteilgewebes bis Lig. carpi volare

Punkt 6 – N. interosseus anterior: Ein 4 cm langer bogenförmiger Hautschnitt auf der Ventralseite des distalen Radialisendes, Hautschnitt zwischen A. radialis und Sehne des
M. flexor carpi radialis proximal vom Handwurzelgelenk, Fascie durchtrennen, distalen Rand des M. pronator quatratus darstellen, Füllgewebe auf Radius bis zum M. flexor carpi radialis entlang des Pronatorrandes mit dem Elektrokauter durchtrennen.

Für die Punkte 7 und 8 wird eine quere Hautinzision über Intermetacarpelgelenk II bzw.III durchgeführt.

Äste des Nervus ulnaris –

Punkte 7 und 8 – Rr. perforantes II / III:  (nach Rudigier werden beide Punkte als Punt 7 bezeichnet) Duchtrennen der Fascie , Darstellung des Intermetacarpalgelenkes und der Base des Metacarpalknochen, dem Knochen aufliegendes Bindegewebe durchtrennen, Denervierung mit dem Elektrokauter

Für die Punkte 9 und 10 wird ein Hautschnitt distales Ulnarende, ulnar beginnend um den Proc. styloideus ulnae bis zum Os tiquetrum angelegt

Punkt 9 – R. dorsalis nervi ulnaris: (nach Rudigier25 Punkt 8) Die Denervierung erfolgt durch das Ablösen eines Haut-Subcutis-Lappens. Besonders wichtig ist hierbei exaktes Arbeiten im Bereich der ulnaren und ulno-palmaren Elle.

Punkt 10- N. cutaneus antebrachii posterior: (nach Rudigier25 Punkt 9) Denervierung durch das epifasciale Ablösung des Weichteilgewebes im Bereich des Proc. styloideus ulnae. (alternativer Hautschnitt: 2-3 cm Querschnitt, 3 cm proximal von der Handwurzel Dorsalseite, wie Punkt 1, hierbei können die Ulnarisäste geschont werden)

Vor dem operativen Eingriff gehört u.a. die Testblockade zur Diagnostik:

Mittels der Testblockade kann der erhoffte Effekt des Eingriffes simuliert und überprüft werden, Bei positivem Testergebnis ist der operative Eingriff ergolgversprechend.

  • Punkt 1: N. interosseus posterior: 1 ml Lokalanästhetikum, dorsomediane Injektion, 3 cm proximal vom Handgelenk bis auf den Radius
  • Punkt 2: R. articularis spatii interossei I : 0,5ml Lokalanästhetikum, dorsal zwischen die Basen Metakarpalknochen I und II (stets vor der Blockade des R. superficialis N. radialis)
  • Punkt 3: Rr. articulares n. cutaneus antebrachii lateralis: 1 ml paravasales Depot Lokalanästhetikum, 3 cm proximal des Handwurzelgelenkes um die A. radialis
  • Punkt 4: R. superficialis n. radialis: 3-4ml Lokalanästhetikum, querangelegte subcutane Infiltration, 3cm proximal vom Handwurzelgelenk über der A. radialis
  • Punkt 5: R. palmaris n. mediani: 1-2ml Lokalanästhetikum, 1cm proximal vom Tuberculum ossis scaphoideum zwischen A. radialis und Sehne des M. palmaris longus (distale Beugefalte) subcutane Infiltration
  • Punkt 6: N. interosseus anterior: 1ml Lokalanästhetikum, 3cm proximal der distalen Handgelenksbeugefalte, senkrechter Einstich
  • Punkte 7: Rr. perforantes II (nach Rudigier Punkt 7) 1ml Lokalanästhetikum über dem Intermetakarpalgelenken II
  • Punkt 8: Rr. perforantes III (nach Rudigier Punkt 7) 1ml Lokalanästhetikum über dem Intermetakarpalgelenken III
  • Punkt 9: R. dorsalis nervi ulnaris (nach Rudigier Punkt 8) 2ml Lokalanästhetikum, Infiltration der Umgebung des Proc. styloideus ulnae
  • Punkt 10: N. cutaneus antebrachii posterior (nach Rudigier25 Punkt 9) 2ml Lokalanästhetikum subcutane Injektion in querer Richtung dorsal über Proc. styloideus ulnae bis zum Radio- Ulnargelenk

 

2_Denervierung des Epikondylus nach Wilhelm bei Epicondylitis radialis humeri (Tennisellenbogen)

Die Indikation für diesen Eingriff ist die schmerzhafte Inflammation des Extensor carpi radialis brevis und des M. extensor digitorum communis am aponeurotischen Ansatz am lateralen Epikondylus (Epicondylitis radialis humeri).

Bei der Denervierung des Epikondylus nach Wilhelm handelt es sich um die Durchtrennung der zur Epikondylenspitze verlaufenden sensiblen Radialisastes und der schmerzleitenden Fasern des N. cutaneus antebrachii dorsalis. Wilhelm und auch Kaplan haben hier die in die Periost (Knochenhaut) des Epikondylus und im Bereich der Muskeln am Ellenbogen verlaufenden Nerven dargestellt. So werden bei diesem Eingriff diese Nervenäste isoliert und durchtrennt.
Meistens wird die Wilhelm’sche Denervation am Ellenbogen mit anderen Operationen wie z. B. der OP nach Hohmann oder nach Goldie kombiniert.

Klinische Diagnostik bei Tennisellenbogen:

  • Inspektion meist unauffällig, gelegentlich Schonhaltung
  • Druckschmerz am Epicondylus radialis sowie im Verlauf der Streckmuskulatur
  • Bewegungsschmerz
  • Schwäche im Handgelenk
  • Positive Provokationstests (Pronation und Handgelenkstreckung gegen Widerstand, Stuhl-Test, Tassen-Test)
  • Beim klassischen Tennisellenbogen ist an erster Stelle der M. extensor carpi radialis brevis und an zweiter Stelle der M. extensor digitorum communis betroffen. Beim M. extensor carpi radialis brevis ist die Dorsalflexion des ganzen Handgelenkes schmerzhafter als der Mittelfingertest
  • Bei der mehr durch berufliche Tätigkeit erworbenen Symptomatik steht der M. extensor digitorum communis im Vordergrund. Typisch ist der Schmerz bei Streckung des Mittelfingers gegen Widerstand
  • Gleichzeitige Untersuchung der Halswirbelsäule, der Schulter und Hand
  • Beurteilung von Durchblutung, Motorik und Sensibilität, einschließlich Nervenengpasszeichen

 

Zusammenfassung der möglichen operativen Verfahren bei Tennisellenbogen:

  • Durchführung einer offenen oder endoskopischen ursprungsnahen Ablösung der betroffenen Strecksehnen nach Hohmann
  • Offene oder endoskopische Entfernung des angiofibroblastischen Sehnengewebes nach Nirschl
  • Die oft angewandte offene oder endoskopische Denervierung am Epicondylus radialis humeri nach Wilhelm
  • Zusätzliche Dekompression des Supinatorschlitzes bei gegebener Irritation

Postoperative Maßnahmen/Rehabilitation

  • Frühfunktionelle Behandlung, regelmäßige Wundkontrollen
  • Sportfähigkeit nach 8 bis 10 Wochen
  • Im Einzelfall kann der Verlauf über Monate bis über ein Jahr dauern
Quellen: 
  • www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/033-019l_S1_Epicondylopathia_radialis_humeri_2011